Angststörungen: Was sind die Symptome und wie kann man sie behandeln?
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und betreffen Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen und Altersgruppen. Eine Angststörung geht weit über normale Angstgefühle hinaus – sie ist durch anhaltende, intensive Ängste und Sorgen gekennzeichnet, die das alltägliche Leben erheblich beeinträchtigen können. Dieser Artikel beschreibt die Symptome und Formen von Angststörungen, untersucht die zugrundeliegenden Ursachen und beleuchtet Therapiemöglichkeiten, die Betroffenen helfen können, ihre Lebensqualität zu verbessern.
Disclaimer
Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt keine professionelle Diagnose oder Behandlung. Sollten Sie oder jemand in Ihrem Umfeld Anzeichen einer Angststörung bemerken, suchen Sie bitte einen medizinischen oder therapeutischen Spezialisten auf, um eine fundierte Diagnosestellung und geeignete Unterstützung zu erhalten.
Was sind Angststörungen?
Eine Angststörung ist eine psychische Erkrankung, bei der übermäßige und irrationale Ängste das Denken, Fühlen und Handeln des Betroffenen stark beeinflussen. Anders als die normale Angst, die als eine natürliche Reaktion auf Bedrohungen oder stressige Situationen verstanden wird, ist eine Angststörung durch unverhältnismäßige und oft unerklärliche Ängste gekennzeichnet, die chronisch bestehen.
Symptome der Angststörung
Angststörungen können eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen, die sowohl den Körper als auch die Psyche betreffen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Körperliche Symptome: Dazu zählen Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche, Muskelverspannungen, Atemnot und ein Gefühl der Enge in der Brust. Diese körperlichen Reaktionen entstehen durch das Nervensystem, das in Alarmbereitschaft versetzt wird.
- Psychische Symptome: Betroffene erleben oft eine intensive Angst, die sich in ständigen Sorgen und Grübeleien äußert. Sie haben das Gefühl, ständig in Gefahr zu sein, und können sich nicht entspannen.
- Vermeidungsverhalten: Viele Betroffene versuchen, angstauslösende Situationen zu vermeiden, was dazu führt, dass ihre Bewegungsfreiheit zunehmend eingeschränkt wird. Dies kann von der Vermeidung öffentlicher Plätze bis hin zur Isolation in den eigenen vier Wänden reichen.
- Schlafstörungen: Da die Gedanken und Ängste oft auch nachts präsent sind, leiden viele Menschen mit Angststörungen an Schlafproblemen, was die psychische Belastung weiter verstärken kann (American Psychiatric Association, 2013).
Formen der Angststörung
Es gibt verschiedene Formen von Angststörungen, die jeweils durch spezifische Symptome gekennzeichnet sind:
- Generalisierte Angststörung (GAD): Diese Form ist durch ständige, übermäßige Sorgen gekennzeichnet, die sich auf verschiedene Lebensbereiche beziehen. Betroffene machen sich Sorgen über alltägliche Dinge wie Gesundheit, Finanzen oder Beziehungen, oft ohne konkreten Anlass.
- Panikstörung: Menschen mit einer Panikstörung erleben plötzlich auftretende, intensive Angstattacken, die ohne erkennbaren Auslöser auftreten. Diese Panikattacken gehen häufig mit starken körperlichen Symptomen wie Herzrasen und Atemnot einher, was zu einer starken Angst vor weiteren Attacken führt.
- Soziale Angststörung: Diese Form der Angststörung führt zu intensiven Ängsten in sozialen Situationen, etwa beim Sprechen vor einer Gruppe oder bei alltäglichen Interaktionen. Die Angst vor negativer Bewertung durch andere spielt hierbei eine zentrale Rolle.
- Spezifische Phobien: Menschen mit spezifischen Phobien haben starke Ängste vor bestimmten Objekten oder Situationen, wie Höhen, Tieren oder engen Räumen. Diese Ängste sind oft so stark, dass die Betroffenen Situationen, die mit ihren Phobien in Verbindung stehen, meiden (American Psychiatric Association, 2013).
Ursachen von Angststörungen
Die Ursachen von Angststörungen sind komplex und umfassen biologische, psychologische und soziale Faktoren:
- Genetische Veranlagung: Untersuchungen zeigen, dass Angststörungen in Familien gehäuft auftreten, was auf eine genetische Komponente hinweist (Hettema et al., 2001).
- Neurotransmitter-Ungleichgewicht: Ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern wie Serotonin, Noradrenalin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) kann zur Entstehung von Angststörungen beitragen, da diese Neurotransmitter die emotionale Regulation beeinflussen.
- Lernerfahrungen und Traumata: Negative Erfahrungen, wie traumatische Erlebnisse oder belastende Kindheitserfahrungen, erhöhen das Risiko für die Entwicklung einer Angststörung. Durch negative Lernerfahrungen können Betroffene lernen, bestimmte Situationen mit Angst zu verbinden.
Behandlungsmöglichkeiten für Angststörungen
Die Behandlung von Angststörungen erfordert einen individuell angepassten Ansatz, der sowohl psychotherapeutische als auch medikamentöse Methoden umfassen kann.
Psychotherapie: Sinnorientierte Perspektive entwickeln
Eine der zentralen Methoden zur Behandlung von Angststörungen ist die Psychotherapie. Insbesondere die Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor Frankl bietet Betroffenen die Möglichkeit, eine sinnorientierte Perspektive auf ihre Ängste zu entwickeln.
- Sinnfindung trotz Angst: In der Logotherapie geht es darum, auch in schwierigen Situationen eine sinnvolle Haltung einzunehmen. Viktor Frankl betonte, dass Angst oft Ausdruck eines tiefergehenden existenziellen Konflikts ist – einer Suche nach Sicherheit und Bedeutung im Leben (Frankl, 2011). Die logotherapeutische Arbeit ermutigt den Patienten, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, was die Angst über seine Lebenswerte und -ziele aussagt und wie er trotz der Angst eine sinnvolle Lebensgestaltung entwickeln kann.
- Paradoxe Intention: Frankl entwickelte die Methode der paradoxen Intention, die sich besonders bei Angststörungen bewährt hat. Dabei wird der Patient eingeladen, seine Angst bewusst zu übertreiben oder humorvoll zu konfrontieren. Dies hilft, die emotionale Last der Angst zu verringern und eine Distanz zu den angstauslösenden Gedanken zu schaffen. Ein Beispiel ist die bewusste Übertreibung der Angst vor einem öffentlichen Auftritt – anstatt die Angst zu unterdrücken, wird sie ins Absurde geführt, was ihre Macht schwächt und die innere Anspannung löst (Frankl, 2011).
- Selbsttranszendenz und Verantwortung: Ein weiteres zentrales Prinzip der Logotherapie ist die Selbsttranszendenz. Diese ermutigt den Patienten, den Fokus von sich selbst und seiner Angst hin zu einem Ziel oder einer Aufgabe zu richten, die ihm wichtig ist. Dadurch entsteht eine neue Perspektive auf die Angst: Sie wird zu einer Herausforderung, die es zu überwinden gilt, um einen größeren Lebenssinn zu verwirklichen. Das Erkennen und Übernehmen von Verantwortung für das eigene Handeln und Denken kann dem Patienten dabei helfen, die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen und einen konstruktiven Umgang mit der Angst zu entwickeln.
Achtsamkeit und Selbstmitgefühl
Achtsamkeitsübungen und Selbstmitgefühl können die therapeutische Arbeit ergänzen, indem sie den Betroffenen dabei helfen, ihre Ängste zu beobachten, ohne sich vollständig mit ihnen zu identifizieren. Achtsamkeit fördert die Fähigkeit, angstvolle Gedanken und Gefühle als vorübergehende Ereignisse im Geist wahrzunehmen, was den inneren Raum für eine sinnorientierte Haltung schafft. Selbstmitgefühl hingegen hilft, die eigenen Schwächen und Ängste anzunehmen und eine wohlwollende Haltung sich selbst gegenüber zu entwickeln (Kabat-Zinn, 2003).
Medikamentöse Behandlung
In manchen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung mit Anxiolytika oder Antidepressiva notwendig sein, um die Symptome der Angststörung zu lindern. Medikamente können eine Basis schaffen, auf der psychotherapeutische Arbeit aufbauen kann. Die Entscheidung für oder gegen eine medikamentöse Behandlung sollte stets in Absprache mit einem Facharzt erfolgen und in eine umfassende therapeutische Strategie eingebettet sein.
Angststörungen sind ernstzunehmende psychische Erkrankungen, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen können. Eine sinnorientierte therapeutische Begleitung im Sinne der Logotherapie bietet eine tiefergehende Möglichkeit, mit der Angst konstruktiv umzugehen und das eigene Leben neu zu gestalten. Durch Techniken wie die paradoxe Intention, die Selbsttranszendenz und die Entwicklung einer sinnorientierten Perspektive können Betroffene lernen, ihre Ängste zu verstehen und eine neue Haltung gegenüber sich selbst und ihrem Leben zu entwickeln. Sollten Sie oder eine Ihnen nahestehende Person unter einer Angststörung leiden, kann eine therapeutische Begleitung helfen, die Ängste zu bewältigen und ein erfülltes Leben zurückzugewinnen.
Quellen
- American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (5th ed.). Arlington, VA: American Psychiatric Publishing.
- Frankl, V. E. (2011). Man’s Search for Meaning. Beacon Press.
- Hettema, J. M., Neale, M. C., & Kendler, K. S. (2001). A review and meta-analysis of the genetic epidemiology of anxiety disorders. American Journal of Psychiatry, 158(10), 1568-1578.
- Kabat-Zinn, J. (2003). Coming to Our Senses: Healing Ourselves and the World Through Mindfulness. Hyperion.