Logotherapeutischer Ansatz zur Unterstützung traumatisierter Kinder
Traumatische Ereignisse wie Pandemien, Naturkatastrophen oder Konflikte hinterlassen tiefe Spuren, besonders bei Kindern. Diese Studie beleuchtet, wie logotherapeutische Prinzipien helfen können, Kindern in Krisensituationen beizustehen, Resilienz zu entwickeln und Sinn zu finden. Sie liefert wertvolle Ansätze für pädagogische und therapeutische Interventionen.
Die Auswirkungen traumatischer Ereignisse auf Kinder
Kinder gehören zu den verletzlichsten Gruppen in Krisensituationen. Sie leiden oft unter Isolation, Angst und Unsicherheit. Forschungsstudien zeigen:
- Zunahme psychischer Belastungen: Angststörungen, Zwangshandlungen, Schlafstörungen und psychosomatische Symptome nehmen zu, besonders bei unzureichender Unterstützung (Ravens-Sieber et al., 2021).
- Verlust von Sicherheit: Kinder reagieren sensibel auf instabile Umstände. Isolation von Bezugspersonen oder ständige Angst um geliebte Menschen verstärken ihre Belastung.
Ein Beispiel ist die COVID-19-Pandemie, die durch soziale Distanzierung, Schulschließungen und mediale Berichterstattung zu einer globalen Zunahme von Angst und Unsicherheit bei Kindern führte.
Logotherapie als Ansatz
Die Logotherapie, entwickelt von Viktor Frankl, bietet eine sinnzentrierte Herangehensweise, die Kinder unterstützt, schwierige Lebensphasen zu bewältigen. Im Mittelpunkt stehen die Konzepte der Selbsttranszendenz, Sinnfindung und Dereflektion.
Selbsttranszendenz
Kinder lernen, ihren Fokus über ihre unmittelbaren Sorgen hinaus auf etwas Größeres zu richten – sei es auf Aufgaben, Beziehungen oder Ziele. Dies stärkt ihre Resilienz und ihr Gefühl, aktiv zur Bewältigung der Krise beitragen zu können.
Dereflektion
Diese Technik hilft, belastende Gedanken durch sinnvolle und positive Aktivitäten zu ersetzen. Beispielsweise können kreative Ausdrucksformen wie Malen, Musik oder Bewegung Kindern helfen, ihre Emotionen zu verarbeiten.
Sinnfindung im Leiden
Traumatische Erlebnisse können durch das Finden von Sinn transformiert werden. Kindern wird gezeigt, dass auch in schwierigen Zeiten Wachstum und Hoffnung möglich sind.
Phasen der Traumabearbeitung
Die Studie beschreibt vier zentrale Phasen nach traumatischen Ereignissen und dazu passende Interventionen:
1. Akute Phase (1–2 Tage)
- Kinder erleben Schock, Desorientierung und Angst.
- Priorität: Sicherheit und Stabilität durch klare Kommunikation, körperliche Nähe und beruhigende Rituale.
2. Posttraumatische Stressreaktion (bis zu 8 Wochen)
- Ziel: Stärkung von Selbstheilungskräften und Abwehrmechanismen.
- Methoden: Kreative Ausdrucksmöglichkeiten, das Wiederherstellen von Routinen und spielerische Aktivitäten.
3. Prävention langfristiger Traumafolgen
- Durch frühzeitige Interventionen können chronische Belastungsstörungen und Persönlichkeitsveränderungen verhindert werden.
4. Langfristige Resilienzförderung
- Kinder entwickeln durch sinnzentrierte Ansätze ein stärkeres Selbstbewusstsein und die Fähigkeit, mit zukünftigen Herausforderungen umzugehen.
Pädagogische und therapeutische Interventionen
- Rituale und Rhythmen
- Regelmäßige Abläufe schaffen Orientierung und Sicherheit.
- Beispiele: Gemeinsame Mahlzeiten, Schlafenszeiten oder spielerische Aktivitäten wie rhythmisches Klatschen.
- Ermutigung und Erfolgserlebnisse
- Kinder brauchen Bestätigung und kleine Erfolgserlebnisse, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken.
- Altergerechte Aufgaben wie Basteln oder Helfen im Alltag fördern das Gefühl von Kompetenz.
- Kreativer Ausdruck
- Schreiben, Malen oder Theaterstücke ermöglichen Kindern, ihre Emotionen indirekt auszudrücken und zu verarbeiten.
- Fokus auf das Hier und Jetzt
- Dereflektion lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was im Moment möglich ist, anstatt auf die traumatischen Ereignisse.
Die Logotherapie bietet wirkungsvolle Ansätze, um Kindern in Krisensituationen zu helfen. Durch Selbsttranszendenz, Sinnfindung und klare Strukturen können Kinder nicht nur ihre Resilienz stärken, sondern auch langfristig Hoffnung und Orientierung gewinnen. Pädagogische und therapeutische Fachkräfte sind entscheidend, um traumatisierten Kindern ein stabiles Umfeld zu bieten, in dem sie sich sicher und verstanden fühlen.
Quellen:
- Velički, V., & Raguž, M. (2023). Children after Trauma – Logotherapeutic Approach. DOBRO Institute for Logotherapy, Education, and Counseling.
- Ravens-Sieber, U. et al. (2021). Lebensqualität und psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie: Ergebnisse einer nationalen, populationsbasierten Studie. European Child & Adolescent Psychiatry. DOI: 10.1007/s00787-021-01889-1.
Foto von Austin Kehmeier auf Unsplash