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Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Was Betroffene wissen sollten

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die nach extrem belastenden oder traumatischen Erlebnissen auftreten kann. Diese können direkte Bedrohungen des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit umfassen, wie Naturkatastrophen, Gewaltverbrechen, Kriegserlebnisse oder schwere Unfälle. PTBS ist geprägt von anhaltenden Symptomen, die die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Dieser Artikel informiert über die Symptome, Ursachen und Therapiemöglichkeiten der PTBS und richtet sich an Betroffene sowie deren Angehörige.

Disclaimer

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt keine professionelle Diagnose oder Behandlung. Sollten Sie oder jemand in Ihrem Umfeld Anzeichen einer PTBS bemerken, suchen Sie bitte einen medizinischen oder therapeutischen Spezialisten auf, um eine fundierte Diagnosestellung und geeignete Unterstützung zu erhalten.

Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?

PTBS ist eine Reaktion auf ein oder mehrere traumatische Ereignisse, die das Bewältigungssystem des Betroffenen überfordern. Traumata hinterlassen nicht nur seelische, sondern oft auch körperliche Spuren, da sie das Nervensystem in einen Zustand chronischer Alarmbereitschaft versetzen können. PTBS kann Wochen, Monate oder sogar Jahre nach dem Trauma auftreten und zeigt sich in verschiedenen Symptomen.

Symptome einer PTBS

Die Symptome der PTBS werden häufig in vier Kategorien eingeteilt:

  1. Wiedererleben (Intrusionen):
    • Wiederkehrende, unkontrollierbare Erinnerungen an das Trauma, sogenannte Flashbacks.
    • Albträume, die das traumatische Erlebnis wiederholen.
    • Intensive emotionale oder körperliche Reaktionen auf Erinnerungsreize (Trigger), die an das Ereignis erinnern.
  2. Vermeidungsverhalten:
    • Aktives Vermeiden von Orten, Personen, Gesprächen oder Situationen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen.
    • Emotionale Abstumpfung, Rückzug von sozialen Kontakten und Verlust von Interesse an Aktivitäten.
  3. Übererregung (Hyperarousal):
    • Chronische Nervosität und Schreckhaftigkeit.
    • Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme.
    • Reizbarkeit und Wutausbrüche.
  4. Negative Veränderungen in Denken und Stimmung:
    • Anhaltende negative Überzeugungen über sich selbst, andere oder die Welt.
    • Gefühle von Schuld, Scham oder Hoffnungslosigkeit.
    • Schwierigkeiten, positive Emotionen zu empfinden (American Psychiatric Association, 2013).

Ursachen und Risikofaktoren für PTBS

PTBS entwickelt sich nach einem belastenden Ereignis, jedoch nicht jeder, der ein Trauma erlebt, entwickelt eine PTBS. Es gibt mehrere Faktoren, die das Risiko beeinflussen:

  1. Art und Intensität des Traumas: Traumata, die plötzlich und unvorhersehbar eintreten oder durch menschliche Gewalt verursacht werden, erhöhen das Risiko für PTBS.
  2. Individuelle Vulnerabilität: Menschen mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen oder schwierigen Lebensumständen sind anfälliger.
  3. Fehlende soziale Unterstützung: Ein Mangel an unterstützenden Beziehungen nach dem Trauma kann die Wahrscheinlichkeit einer PTBS erhöhen.
  4. Biologische Faktoren: Genetische Prädispositionen und neurobiologische Veränderungen, wie eine erhöhte Aktivität der Amygdala, tragen zur Entwicklung von PTBS bei (Yehuda et al., 2002).

Behandlungsmöglichkeiten bei PTBS

Die Behandlung der PTBS erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen berücksichtigt. Ziel der Therapie ist es, die Symptome zu lindern, die Verarbeitung des Traumas zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern.

1. Psychotherapie: Sinnsuche und Stabilisierung

Die Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor Frankl bietet eine tiefgehende Perspektive für die Behandlung von PTBS, da sie die Sinnsuche in den Mittelpunkt stellt. Frankl betonte, dass selbst in schwerstem Leid ein tieferer Sinn gefunden werden kann, der den Betroffenen hilft, mit ihrem Trauma zu leben und eine neue Lebensperspektive zu entwickeln.

  • Sinnfindung trotz Trauma: Die logotherapeutische Arbeit lädt die Betroffenen ein, sich mit der Frage zu beschäftigen: „Was bedeutet dieses Erlebnis für mein Leben, und wie kann ich daraus wachsen?“ Diese sinnorientierte Reflexion kann helfen, das Trauma in einen größeren Lebenskontext zu integrieren.
  • Stärkung der inneren Haltung: In der Logotherapie wird daran gearbeitet, die innere Haltung gegenüber dem Trauma zu verändern. Anstatt sich ausschließlich als Opfer zu fühlen, können Betroffene ermutigt werden, eine aktive Rolle in ihrer Genesung zu übernehmen und ihr Leben neu zu gestalten.
  • Selbsttranszendenz: Frankl betonte die heilende Wirkung von Selbsttranszendenz – also den Fokus auf ein Ziel oder eine Aufgabe, die über das eigene Leid hinausgeht. Dies kann beispielsweise durch soziale Aktivitäten, künstlerisches Schaffen oder das Engagement für andere geschehen.

2. Traumafokussierte Psychotherapie

Zusätzlich zur Logotherapie gibt es spezifische psychotherapeutische Ansätze, die sich auf die Bearbeitung des Traumas konzentrieren:

  • Expositionsbasierte Verfahren: Bei der Prolongierten Exposition (PE) setzen sich Betroffene in sicherem Rahmen mit den Erinnerungen an das Trauma auseinander, um die damit verbundenen Ängste abzubauen.
  • Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR): Diese Methode nutzt gezielte Augenbewegungen, um die Verarbeitung traumatischer Erinnerungen zu erleichtern und emotionale Belastungen zu reduzieren.

3. Körperorientierte Ansätze und Achtsamkeit

Da PTBS häufig auch auf körperlicher Ebene spürbar ist, können achtsamkeitsbasierte und körperorientierte Ansätze helfen, das Nervensystem zu beruhigen und die Körperwahrnehmung zu verbessern. Achtsamkeitsübungen ermöglichen es den Betroffenen, im Moment zu bleiben und sich von belastenden Erinnerungen zu distanzieren (Kabat-Zinn, 2003).

4. Medikamentöse Unterstützung

In manchen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva oder Angstlösern erforderlich sein, um die Symptome zu stabilisieren und die therapeutische Arbeit zu unterstützen. Die Entscheidung für oder gegen Medikamente sollte immer in Absprache mit einem Facharzt getroffen werden.

PTBS ist eine schwerwiegende psychische Erkrankung, die jedoch mit den richtigen Therapieansätzen und einer sinnorientierten Haltung erfolgreich behandelt werden kann. Die Logotherapie und Existenzanalyse bieten Betroffenen eine einzigartige Möglichkeit, das Trauma nicht nur zu bewältigen, sondern auch in einen sinnvollen Lebenszusammenhang zu integrieren. Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld unter den Symptomen einer PTBS leiden, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie sind nicht allein, und es gibt Wege, die Hoffnung und Lebensfreude zurückzugewinnen.


Quellen

  • American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (5th ed.). Arlington, VA: American Psychiatric Publishing.
  • Frankl, V. E. (2011). Man’s Search for Meaning. Beacon Press.
  • Kabat-Zinn, J. (2003). Coming to Our Senses: Healing Ourselves and the World Through Mindfulness. Hyperion.
  • Yehuda, R., & McFarlane, A. C. (2002). Conflict between current knowledge about posttraumatic stress disorder and its original conceptual basis. American Journal of Psychiatry, 157(12), 1703-1705.
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