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Persönlichkeitsmerkmale und Internet Gaming Disorder: Wie unsere Persönlichkeit das Risiko beeinflusst

Internet Gaming Disorder (IGD) ist eine Verhaltenssucht, die durch exzessives und unkontrolliertes Spielen von Online-Videospielen gekennzeichnet ist. In den letzten Jahren hat sich die Forschung intensiv mit den Faktoren beschäftigt, die zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von IGD beitragen. Eine systematische Überprüfung, veröffentlicht in Journal of Behavioral Addictions, untersucht die Rolle von Persönlichkeitsmerkmalen und zeigt, wie diese das Risiko für IGD beeinflussen können.

Was ist Internet Gaming Disorder?

IGD beschreibt ein Verhalten, bei dem Betroffene Schwierigkeiten haben, ihre Spielgewohnheiten zu kontrollieren. Dies kann zu erheblichen Beeinträchtigungen im sozialen, beruflichen und persönlichen Leben führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat IGD im Jahr 2018 offiziell als Diagnose in die ICD-11 aufgenommen.

Die Studie: Ziel und Methodik

Die Autoren der Studie führten eine systematische Überprüfung von 27 empirischen Studien durch, die zwischen 2007 und 2016 veröffentlicht wurden. Ziel war es, den Zusammenhang zwischen spezifischen Persönlichkeitsmerkmalen und IGD zu untersuchen.

Methodik:

  • Analyse von Studien, die Persönlichkeitsmerkmale mit etablierten Modellen wie dem Fünf-Faktoren-Modell (Big Five) und anderen psychologischen Ansätzen erfassten.
  • Berücksichtigung von Querschnitts- und Längsschnittstudien.

Quelle: Journal of Behavioral Addictions, DOI:10.1556/2006.13.2.313

Hauptergebnisse: Persönlichkeitsmerkmale und ihre Verbindung zu IGD

  1. Neurotizismus:
    Personen mit hohen Neurotizismus-Werten, die durch emotionale Instabilität und erhöhte Stressanfälligkeit gekennzeichnet sind, zeigen eine höhere Anfälligkeit für IGD. Diese Menschen nutzen Videospiele möglicherweise als Bewältigungsstrategie, um negativen Emotionen zu entkommen.
  2. Impulsivität:
    Impulsive Menschen, die dazu neigen, Entscheidungen spontan und ohne gründliche Überlegung zu treffen, zeigen ein signifikant erhöhtes Risiko, IGD zu entwickeln. Die sofortige Belohnung durch Spiele verstärkt impulsives Verhalten.
  3. Aggressivität:
    Aggressives Verhalten, einschließlich feindseliger oder dominanter Persönlichkeitszüge, steht in engem Zusammenhang mit exzessivem Spielen, insbesondere bei kompetitiven und gewalttätigen Spielen.
  4. Weitere Persönlichkeitsmerkmale:
    Zusätzliche Risikofaktoren umfassen zwischenmenschliche Abhängigkeit, Narzissmus und Persönlichkeitsstörungen. Diese Merkmale können das Bedürfnis nach sozialer Bestätigung oder Anerkennung durch Spiele verstärken.

Schlussfolgerungen der Studie

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine Kombination aus Persönlichkeitsmerkmalen das Risiko für IGD erheblich erhöhen kann. Besonders impulsive und emotional instabile Menschen sind anfälliger. Die Autoren betonen die Notwendigkeit, Persönlichkeitsprofile genauer zu untersuchen, um Risikogruppen frühzeitig zu identifizieren.

Praktische Implikationen

  1. Prävention:
    Schulen und Familien sollten den Fokus auf emotionale Resilienz und Impulskontrolle legen, um gefährdete Jugendliche zu unterstützen.
  2. Therapieansätze:
    Therapeutische Interventionen können durch die gezielte Arbeit an Persönlichkeitsmerkmalen wie Impulskontrolle und emotionaler Regulation effektiver gestaltet werden.
  3. Forschung und Aufklärung:
    Weitere Studien sind notwendig, um spezifische Mechanismen zu verstehen, die Persönlichkeitsmerkmale mit IGD verbinden.

Die Untersuchung zeigt deutlich, dass Persönlichkeitsmerkmale eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von IGD spielen. Ein tieferes Verständnis dieser Faktoren kann dazu beitragen, wirksame Präventions- und Behandlungsstrategien zu entwickeln, um Betroffenen besser zu helfen.

Quelle der Studie:
The role of personality in the development and maintenance of internet gaming disorder: A systematic review


Foto von Florian Olivo auf Unsplash

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